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  NEWSLETTER NR.6 VOM 05. OKTOBER 2010
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Bilder zum Bericht unter www.travel-bugs.org/album-1729589.html

 

Stand Oktober 2010

 

Bolivien, das ärmste Land Südamerikas, begrüsste uns überwältigend. In Copacabana am Titicacasee kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Welch wunderschöne Farbe hat dieser See, dunkelblau wie das Meer. Wir beschlossen zur „Isla de Sol“ zu fahren und dort eine Nacht zu verbringen. Auf der Insel, mitten im Titicacasee, genossen wir die Ruhe, die Ruinen, die Sonne, das unglaubliche Panorama und einen Sternenhimmel wie er schöner nicht sein könnte.

Unser nächstes Ziel war La Paz, die Stadt auf 3600 m.ü.M. Von „El Alto“ aus fuhren wir mit dem Bus hinunter in das Tal wo das Zentrum von La Paz liegt. Was für ein Anblick. Jeder Flecken Land ist verbaut, sogar die sandigen Hänge des Tales. Drei Tage lang verbrachten wir in der Stadt an der verrückten Lage. Dann wurde es Zeit nach Cochabamba aufzubrechen wo wir für einen Monat als Volontäre arbeiten wollten.

In Cochabamba fanden wir Unterschlupf bei der liebenswürdigen Antonietta, welche seit über 50 Jahren in der Stadt lebt. 6 Wochen lang umsorgte sie uns, zeigte uns Sehenswürdigkeiten und bekochte uns mit bolivianischen Gerichten.

David arbeitete fortan in der „Albergue Mosoj Ph’unchay“, einem Erholungsheim für Kinder mit Brandverletzungen. Ich konnte in der Kinderklinik „Manuel Ascencio Villaroel“ mithelfen, ebenfalls auf der Abteilung für Brandverletzungen. Welch Schicksale mussten diese Kinder erleben. Viele hatten am ganzen Körper grossflächige Verbrennungen, eine Verletzung die man eigentlich gar nicht überleben kann. Aber diese Kinder konnten es. Wie tapfer waren sie, ganz alleine im Spital, wo die Besuchszeit auf nur eine Stunde am Tag begrenzt war. Für mich war es schwierig, dieses Leid mit anzusehen. Schmerzmittel waren nur begrenzt vorhanden, täglich gab es teils schmerzhafte Verbandswechsel und manche Patienten waren erst wenige Monate alt. Die meisten Kinder kamen vom Land, wo oftmals noch am  Boden, am offenen Feuer gekocht wird. Da viele Mütter 5 – 10 Kinder haben, werden diese nicht alle gleich gut beaufsichtigt. So kommt es vor, dass Kinder alleine kochen und dann das heisse Wasser verschütten oder dass Kleinkinder in Töpfe fallen die am Boden stehen. Auch Gasexplosionen durch mangelhaft instandgehaltene Gasleitungen sind keine Seltenheit. Ganz nach Tradition einer alten indigenen Heilmethode glauben noch viele Mütter, dass sie ihr Kind von Durchfall heilen können indem sie es auf heisse Kohle setzen. Die Folgen sind tragisch.

In der „Albergue“ kümmerte sich David darum, dass sich die Kinder amüsierten. Zwei Nachmittage half auch ich mit. Wir gingen mit den Kindern Eis essen oder Spielen im Park. Was für ein Highlight! Durch eine Spende aus der Schweiz konnten wir dringend benötigte Materialien und zur Freude aller einen Tischfussballkasten kaufen. Die strahlenden Augen der Kinder werden uns unvergessen bleiben.

In der Freizeit zeigte uns Antonietta allerhand schönes und kurioses. So fuhren wir zum Hügel Cerro San Pedro auf dem mit 40,44 m Höhe die grösste Christusstatue der Welt steht.

An einem Wochenende fand das Fest der „Virgen de Urcupiña“ statt. Wir durften einer Parade zusehen, ähnlich wie beim Karneval. Fröhlich wurde getanzt und Kostüme in den herrlichsten Farben zur Schau getragen. Am nächsten Tag liefen wir zusammen mit tausenden Bolivianern auf einen kleinen Wahlfahrtshügel, wo verschiedene glücksbringende Zeremonien abgehalten wurden. An einer nahmen wir dann auch teil. Erst wurde ein Stein mit Alkohol begossen und danach mit einem grossen Hammer ein Stück heraus geschlagen. Die Stücke wurden dann von einem selbsternannten Priester nochmals mit Bier übergossen. Danach folgten Konfetti und Knallfrösche. Auch unsere Köpfe wurden mit Luftschlangen und Konfetti verziert und dabei sprach der Priester ein paar Worte und wedelte mit Weihrauch. Dies soll uns nun einen Geldsegen bringen. Na dann, hoffen wir‘s!

Mit vielen neuen Eindrücken im Gepäck, fuhren wir während10 Stunden auf unbefestigter Strasse nach Sucre, in die Hauptstadt Boliviens. Hier empfingen uns ausserhalb der Stadt Armut und zerfallene Häuser, doch im Zentrum strahlte die Stadt in Weiss. Prunkvolle Kolonialgebäude und gepflasterte Strassen, zudem trendige Restaurants und schöne Museen hielten uns 3 Tage in der Stadt. Dann lockte uns der Cerro Rico, der reiche Berg in Potosí, der höchstgelegenen Grossstadt der Welt auf 4060 m.ü.M. Der Cerro Rico verhalf Bolivien zur Kolonialzeit zu Reichtum. Dank dem grössten Silbervorkommen  zur damaligen Zeit war Potosí grösser als Paris oder London. Seit 450 Jahren werden im Berg Mineralien abgebaut. In dieser Zeit sind schon 8 Millionen Minenarbeiter ums Leben gekommen oder wie die Einheimischen sagen, „sie wurden vom Berg gefressen“. Auf einer Besichtigung der Minen krochen wir selber durch die engen Schächte und sahen „Mineros“ bei der Arbeit. Unter Arbeitsbedingungen die weiterhin unmenschlich sind, wie sie schon immer waren. Viele Mineros erkranken nach spätestens 10 Jahren an einer Staublunge, einem unheilbarem Lungenleiden. Doch des Geldes wegen arbeiten immer noch viele Männer unter Tage. Denn immerhin ist der Lohn besser als in anderen Berufen. Auch Kinder arbeiten in den Minen, trotz gesetzlich verbotener Kinderarbeit. Doch Kinderarbeit ist wichtiger als das Gesetz. Wer sich für die Minen interessiert, dem empfehlen wir den Film „the devil’s miner“ von Kief Davidson und Richard Ladkani. Eindrücklich begleitet der Film zwei Kinder bei der Arbeit in den Minen von Potosí.

Im Museum „Casa de las monedas“ wurde uns erklärt wie hier früher für den spanischen König die Münzen hergestellt und nach Europa transportiert wurden. Mittlerweile wurde die Produktion des „Bolivianos“ ins Ausland verlegt. Die Münzen werden in Chile, die Noten in Frankreich hergestellt.

Gesättigt mit viel bolivianischer Geschichte machten wir uns auf nach Uyuni. Von dort aus starteten wir zu einer unvergesslichen dreitägigen Tour durch die „Salar de Uyuni“. Erneut wurde uns vor Augen geführt, wie beindruckend die Landschaft in Bolivien ist. Wir fuhren durch die grösste und höchstgelegene Salzwüste der Welt, weiss wie Schnee. Wir durchquerten Wüsten und sahen Vulkane, versteinerte Korallen und tausende Flamingos in farbigen Lagunen. Bolivien, das Land der Superlative.

Nun waren bereits die letzten Tage in Bolivien angebrochen und wir machten uns auf den Weg nach Tupiza. Diesmal nicht mit dem Bus, da wir die löchrige Strasse umgehen wollten. Stattdessen wählten wir den Zug. Doch es stellte sich heraus, dass bolivianische Schienen nicht besser sind als bolivianische Strassen. So fuhren wir in holprigem Galopp durch die vom Vollmond erhellte Nacht.

Nachdem wir in Tupiza noch eine Wanderung vorbei an schönen Felsformationen gemacht haben, sagten wir adios Bolivia, bienvenidos Argentina. Und da sind wir nun, im Land der Gauchos. Gespannt was uns dieser Flecken Erde für Abenteuer bescheren wird.

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